1. Republik: Skepsis gegenüber Dekorationen bald vorüber

Die Erste Republik schafft 1918 die kaiserliche Medaille ab

 

Bittere Pille für die Feuerwehrmänner gleich nach Kriegsende 1918: Ausgerechnet am 24. Dezember schaffte das Deutschösterreichische Staatsamt des Innern mit Verfügung die Ehrenmedaille für fünfundzwanzigjährige verdienstliche Tätigkeit auf dem Gebiet des Feuerwehr- und Rettungswesens ab, da sie aus der Monarchie stamme.

Weitere Ansuchen auf Verleihung waren zu unterlassen, das Tragen der Medaille war aber nicht verboten. So unmittelbar ernst dürfte man die Anordnung aber nicht genommen haben, da noch am 6. Februar 1919 der Obmann des Bezirksfeuerwehrverbandes Tulln in Niederösterreich, Michael Muthsam, in Wolfpassing die Medaille einigen Kameraden an die Brust heftete.

 

25- und 40-Jahre-Medaille der Ersten Republik

 

Die freiwilligen Feuerwehren waren natürlich maßlos enttäuscht, wurden doch zahlreiche Ehrentitel aus der Zeit der Doppelmonarchie weiterhin verliehen, während man ihnen die einzige Anerkennung entzog.

Schon im April 1919 wurde daher die Forderung laut, die Republik möge ein Ehrenzeichen für 25 Jahre Feuerwehrtätigkeit einführen. Bei der ersten Nachkriegssitzung des Österreichischen Reichsverbandes für Feuerwehr- und Rettungswesen am 24. August 1920 wurden die entsprechenden Anträge eingebracht und um entsprechende Schritte gebeten.

Am 1. Juni 1921 übernahm es Karl Jukel, im Bundesrat für die Sache zu wirken. Er war vorher niederösterreichischer Landtags- und dann Reichsratsabgeordneter, Vizepräsident des Abgeordnetenhauses, dann Staatssekretär für Verkehrswesen in der Provisorischen Nationalversammlung und nun Mitglied des Bundesrates. Am 6. Juli 1922 wurde er Landesfeuerwehrkommandant von Niederösterreich.

Ein Antrag Jukels war bereits am 11. Juli 1921 im Ausschuss für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten behandelt und einstimmig angenommen worden, und am 20. Juli 1921 nahm der Bundesrat einstimmig den Antrag der Bundesräte Jukel, Zwetzbacher, Dr. Rehrl und Genossen an, „die Bundesregierung wird aufgefordert, die entsprechenden Schritte zur Schaffung eines Ehrenzeichens für 25-jährige und 40-jährige treue und eifrige Feuerwehr- und Rettungsdienste in die Wege zu leiten“.

Inzwischen hatte auch Dr. Rudolf Lampl, Vorsitzender des Österreichischen Reichsverbandes für Feuerwehr- und Rettungswesen, dem Bundeskanzleramt einen ähnlichen Antrag übermittelt, aber eine Medaille für 25, 40 und 50 Jahre mit deutscher Inschrift erbeten. Dem Antrag hatten sich auch die Landesregierungen von Niederösterreich, Salzburg und Steiermark angeschlossen.

Das Bundesministerium für Inneres und Unterricht reagierte durchaus positiv: „Das Fehlen jeder Möglichkeit, Verdienste für das öffentliche Wohl staatlicherseits entsprechend zu würdigen, wird von der Verwaltung als schwerer Mangel empfunden. Der Wunsch nach Einführung eines Ehrenzeichens verdient daher volle Beachtung. Ein solches müsse abgesondert von anderen Auszeichnungswünschen behandelt werden, weil es sich nicht um einzelne besondere Leistungen, sondern um die Anerkennung des Dienstes einer langen Reihe von Jahren handle."

Bereits am 14. September 1921 übersandte das Ministerium dem Bundeskanzleramt einen Gesetzes- und einen Verordnungstext. Am 29. November 1921 ermächtigte der Ministerrat den Bundesminister für Unterricht, Dr. Waber, den Gesetzesentwurf im Nationalrat (so hieß der ehemalige Bundesrat nun) einzubringen. Der Bundesminister für Finanzen sagte die Herstellung des Ehrenzeichens auf Kosten des Bundes zu. Da aber auch noch andere Auszeichnungsgesetze zur Beratung anstanden, verging bis zur endgültigen Beschlussfassung noch ein ganzes Jahr.

Historisch interessierte Leser können die nun folgenden Gesetze im Original (PDF-Datei) lesen:

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Bundesgesetzblatt Nr. 14/1923

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Bundesgesetzblatt Nr. 309/1923

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Bundesgesetzblatt Nr. 99/1924

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Bundesgesetzblatt Nr. 187/1931

Erste Prägung 1923

 

Im Bundesgesetzblatt Nr. 14/1923 wurde das Gesetz vom 3. November 1922 veröffentlicht, das die Schaffung eines Ehrenzeichens für eifrige und ersprießliche Tätigkeit auf dem Gebiete des Feuerwehr- und Rettungswesens regelt. Es war denkbar kurz gehalten: § 1 bestimmte, dass dieses Ehrenzeichen für 25-jährige und 40-jährige Tätigkeit zu vergeben sei. § 2 verwies bezüglich der Ausstattung des Ehrenzeichens und der Bedingungen seiner Verleihung auf eine noch zu erlassende Verordnung.

Diese Verordnung der Bundesregierung vom 15. Juni 1923 wurde schließlich im Bundesgesetzblatt Nr. 309/1923 veröffentlicht.

"§ 1. Das Ehrenzeichen führt den Namen Österreichische Medaille für vieljährige eifrige und ersprießliche Tätigkeit auf dem Gebiete des Feuerwehr- und Rettungswesens“ und wird in gesonderter Ausstattung für eine „25-jährige und für eine 40-jährige verdienstliche Betätigung“ auf diesem Gebiete verliehen.

§ 2. (1) Das Ehrenzeichen für eine 25-jährige eifrige und ersprießliche Tätigkeit auf dem Gebiete des Feuerwehr- und Rettungswesens ist eine Medaille aus Bronze, hat einen Durchmesser von 3,2 cm, zeigt auf der Vorderseite das Staatswappen, umrahmt von beiden Seiten von einem von oben herabhängenden unten offenen Lorbeerkranze, auf der Rückseite in einem gleichfalls mit Lorbeer umrahmten mit einer Flamme gezierten Schildchen die Inschrift „25“ und als Umschrift: „Für verdienstliche Tätigkeit auf dem Gebiete des Feuerwehr- und Rettungswesens".

(2) Das Ehrenzeichen für eine 40-jährige verdienstliche Betätigung auf diesem Gebiete ist eine in der Ausführung derjenigen für 25-jährige Betätigung gleichgehaltene versilberte Medaille, bei welcher das Schildchen die Inschrift „40“ enthält.

(3) Beide Ehrenzeichen werden an einem 4 cm breiten, dreieckig zusammengelegten, orangegelben Bande auf der linken Brustseite getragen und rangiert das Ehrenzeichen für 25-jährige nach dem Ehrenzeichen für 40-jährige eifrige und ersprießliche Tätigkeit auf dem Gebiete des Feuerwehr- und Rettungswesens.

§ 3 (1) Für die Verleihung des Ehrenzeichens kommen Personen in Betracht, die während des angegebenen Zeitraumes als Mitglieder einer in der Republik Österreich bestehenden freiwilligen Feuerwehr oder einer freiwilligen dem Rettungswesen dienenden Körperschaft eine eifrige und ersprießliche Tätigkeit entfaltet haben, oder als Angehörige einer Berufsfeuerwehr oder eines Berufsrettungskorps, ferner als Bedienstete einer freiwilligen Feuerwehr oder eines freiwilligen Rettungskorps besonderen Pflichteifer, anerkennenswerte Hingebung bei Erfüllen der dienstlichen Obliegenheiten und hervorragende Tüchtigkeit an den Tag gelegt haben.

(2) Das Ehrenzeichen kann auch verliehen werden, wenn die Mitgliedschaft oder die Tätigkeit, die zur Anerkennung gelangen soll, nicht während ihrer gesamten Dauer auf eine und dieselbe Körperschaft beschränkt war.

(3) Personen, die mit der bestandenen Ehrenmedaille für 25-jährige Tätigkeit auf dem Gebiete des Feuerwehr- und Rettungswesens beteilt wurden, kommen für eine Verleihung der neuen Ehrenmedaille für 25-jährige Betätigung auf diesem Gebiete nicht in Betracht.

(4) Das Ehrenzeichen wir ohne Unterschied des Standes und Geschlechtes nur an Personen verliehen, die nicht infolge strafgerichtlicher Verurteilung von der Erlangung eines öffentlichen Amtes ausgeschlossen sind.

§ 4. Die Verleihung des Ehrenzeichens erfolgt über Antrag der politischen Bezirksbehörde, in deren Amtsbereich die Körperschaft ihren Sitz hat, durch den Landeshauptmann. Die Medaille wird nach vorherigem Ersatz der jeweils bekanntzugebenden Gestehungskosten den mit derselben Beliehenen in das Eigentum übergeben. Ebenso wird den Besitzern dieser Medaille über Wunsch und gegen vorherigen Erlag eines Ausfertigungspauschales, dessen jeweilige Höhe den Interessenten bekanntgegeben wird, eine besondere Verleihungsurkunde ausgefertigt werden.

§ 5. Die Verurteilung zu einer gerichtlichen Strafe, die die Unfähigkeit zur Erlangung eines öffentlichen Amtes zur Folge hat, zieht den Verlust der Berechtigung zum Tragen des Ehrenzeichens nach sich. Das Verleihungsdekret ist in diesem Falle einzuziehen.“

1923 1 DM 25 Jahre avers 1923 1 DM 25 Jahre revers

1. Prägung 1923
Bronzene Medaille (avers) für
25jährige Dienstleistung
Staatswappen, umrahmt von beiden Seiten von einem von oben herabhängenden Lorbeerkranz

1. Prägung 1923
Bronzene Medaille (revers) für
25jährige Dienstleistung
In einem gleichfalls mit Lorbeer umrahmten mit einer Flamme gezierten Schildchen die Inschrift "25" und als Umschrift
"Für verdienstliche Tätigkeit auf dem Gebiete des Feuerwehr- und Rettungswesens"

1923 DM 40 Jahre avers 1923 DM 40 Jahre revers
1. Prägung 1923
Silberne Medaille (avers) für
40jährige Dienstleistung
Staatswappen, umrahmt von beiden Seiten von einem von oben herabhängenden Lorbeerkranz
1. Prägung 1923
Silberne Medaille (revers) für
40jährige Dienstleistung
In einem gleichfalls mit Lorbeer umrahmten mit einer Flamme gezierten Schildchen die Inschrift "40" und als Umschrift
"Für verdienstliche Tätigkeit auf dem Gebiete des Feuerwehr- und Rettungswesens"

Die Medaillen waren jener des Jahres 1905 weithin nachempfunden, das orangegelbe Band wurde beibehalten. Hatte 1905 der Berechtigte einen Rechtsanspruch auf Verleihung, der auch einklagbar war, so war die Verleihung nunmehr der freien Entschließung der verleihenden Stelle, also dem Landeshauptmann überlassen.

Die Auszuzeichnenden wurden nun von den Feuerwehren in Listen, getrennt für 25 und 40 Jahre, eingetragen. Der jeweilige Obmann (so hier der Kommandant damals) war unter ehrenwörtlicher Haftung für die Richtigkeit der Angaben verantwortlich. Die Bezirksobmänner reichten die Listen mit einem Gesuch bei den Bezirkshauptmannschaften ein. Die Dekorierung sollte in der Regel einmal jährlich anlässlich der Bezirksfeuerwehrtage stattfinden. Obwohl der Finanzminister die Finanzierung durch den Bund zugesagt hatte, bestimmte die Verordnung, dass die Kosten für Medaille und Urkunde von den Beteilten vorher zu ersetzen waren. Tatsächlich haben aber die Landesfeuerwehrverbände die Kosten getragen und die Peinlichkeit einer Selbstbezahlung durch die Ausgezeichneten vermieden.

Mit Verordnungen vom 4. März 1924 (Bundesgesetzblatt Nr. 99/1924) wurde ein neuer § 3 in die Verordnung vom 15. Juni 1923 eingefügt (die übrigen §§ rückten analog einen Schritt nach hinten). Bestimmt wurde damit, dass bei der Berechnung der 25 bzw. 40 Jahre Dienstleistung auch Zeiten der Kriegsdienstleistung und Kriegsgefangenschaft eingerechnet werden. Voraussetzung dafür war aber, dass die betreffenden Personen vor dem Kriegsdienst bereits Mitglieder einer Feuerwehr waren und nach Beendigung des Kriegsdienstes bzw. der Kriegsgefangenschaft der Feuerwehrdienst sofort wieder aufgenommen wurde.

1930 verbot das Bundeskanzleramt die Beteilung von unterstützenden und bloßen Ehrenmitgliedern, da sich der Bewerber ja persönlich eifrig und ersprießlich betätigt haben müsse und eben eine persönliche Dienstleistung erforderlich sei.

Mit Verordnung vom 3. Juli 1931 (Bundesgesetzblatt Nr. 187/1931) wurde der § 3 der Verordnung neu formuliert. Inhaltlich neu war, dass auch Dienstleistungen bei ausländischen Feuerwehren angerechnet wurden. Voraussetzung dafür war jedoch, dass der Beliehene mindestens fünf Jahre bei einer Feuerwehr auf österreichischem Bundesgebiet gedient haben musste und zum Zeitpunkt der Erreichung der 25 bzw. 40 Jahre Mitglied einer österreichischen Feuerwehr war.

 

Zweite Prägung 1934

 

Nach der neuen Verfassung vom 1. Mai 1934 wurde auch das Staatswappen geändert. Es erfolgte daher die Neuprägung der Medaillen vom Münzamt Wien mit dem nunmehrigen Bundeswappen, das den zweiköpfigen Adler trug. Die Versendung nahm in jenen Jahren der jeweilige Landesfeuerwehrverband und nicht das Amt der Landesregierung vor.

1934 DM 25 Jahre avers

1934 DM 25 Jahre revers

2. Prägung 1934
Bronzene Medaille (avers) für
25jährige Dienstleistung
Staatswappen, umrahmt von beiden Seiten von einem von oben herabhängenden Lorbeerkranz

2. Prägung 1934
Bronzene Medaille (revers) für
25jährige Dienstleistung
In einem gleichfalls mit Lorbeer umrahmten mit einer Flamme gezierten Schildchen die Inschrift "25" und als Umschrift
"Für verdienstliche Tätigkeit auf dem Gebiete des Feuerwehr- und Rettungswesens"

1934 DM 40 Jahre avers

1934 DM 40 Jahre revers

2. Prägung 1934
Silberne Medaille (avers) für
40jährige Dienstleistung
Staatswappen, umrahmt von beiden Seiten von einem von oben herabhängenden Lorbeerkranz

2. Prägung 1934
Silberne Medaille (revers) für
40jährige Dienstleistung
In einem gleichfalls mit Lorbeer umrahmten mit einer Flamme gezierten Schildchen die Inschrift "40" und als Umschrift
"Für verdienstliche Tätigkeit auf dem Gebiete des Feuerwehr- und Rettungswesens"

Die in diesem Artikel abgebildeten Medaillen sind Originale, jedoch teilweise offensichtlich an einem neueren Band befestigt.

Samstag, 20. April 2024